Biogasanlage Kanalhafen; „Klimaschutz wird mit Füßen getreten“

Wir GRÜNE fordern zur Stellungnahme gegen die geplante Biogasanlage auf.
Die Unterlagen der im Bericht der MV vom 20.02. vorgestellten Biomethangas-Anlage im Kanalhafen liegen nur noch diese Woche im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetzt im Rathaus aus. Schriftliche Einwendungen können noch bis zum 06.09. eingereicht werden. Am 15.09. ist dann die öffentliche Anhörung.
Wir fragen, wieso schon wieder niemand über das Verfahren informiert wurde. Schon die Grundlage für ein derartig großes Projekt wurde von der Politik gelegt ohne Beteiligung und Information der Bevölkerung und im Besonderen der Bauern der Region. Dabei wird der Betrieb einer derart große Biogasanlage, die zu den größten in Deutschland zählen wird, nicht ohne gravierende Auswirkungen auf die Region bleiben.

Der Tausch einer Gewerbefläche am Kanalhafen durch die Stadt ermöglichte erst die Biogasanlage in dieser Größenordnung zu errichten. Durch sie wird der Strukturveränderung der bäuerlichen Landwirtschaft in der Region zu industriellen Agrarfabriken massiv Vorschub geleistet, mit all den bekannten Problemen.
Betriebe mit 1800 Sauen zur Ferkelproduktion und mehr als 10.000 Mastplätzen und damit mehr als 50.000 Mastschweinen pro Jahr werden dann „normal“. In Deutschland konzentriert sich die Produktion von Fleisch auf immer weniger Betriebe, während sich zugleich das Höfesterben ungebremst fortsetzt. In NRW ist bereits die halbe Landwirtschaft auf Fleischerzeugung ausgerichtet und es entsteht mehr Gülle, als der Boden aufnehmen kann. Nicht zu vergessen, dass die Tiere in den industriellen Mastbetrieben unter unwürdigen Bedingungen leiden. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ist seit der vorangegangenen Landwirtschaftszählung 2010 um 12% auf 263.500 Betriebe gesunken. Das ist ein zentrales Ergebnis der Pressekonferenz „Landwirtschaft im Wandel – erste Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020“ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder am 21. Januar 2021 in Wiesbaden. 14% der Betriebe bewirtschaften 62% der Fläche.

Der Klimaschutz wird hier mit Füßen getreten. Wichtige Argumente sprechen gegen die Realisierung der Biogasanlage:

  • Allein die Transporte von 170.000t Gülle und Mist pro Jahr hin zur Anlage und der Gärreste zur Ausbringung produzieren ca. 2500 Tonnen CO 2 -eq.
  • Bei 13 LKW’s pro Strecke/Tag sind das, selbst wenn man Sonn- und Feiertage abzieht noch knapp 8.000 Fahrten pro Jahr oder knapp 2,5 Millionen Kilometer die zurückgelegt werden. Das sind immerhin 60 Erdumrundungen und das Jahr für Jahr. 
  • Außerdem ist „Fleischproduktion“ an sich schon wenig nachhaltig, von der Abholzung der Regenwälder oder der Produktion von Dünger für die Futtermittel bis hin zum Export und Verzehr belasten das Klima erheblich.

Geplant ist, die Gärreste nach Thüringen und Ostwestfalen zu bringen. Dass diese Planung langfristig realisiert werden kann, stellen wir GRÜNE in Frage. Nicht nur die Widerstände in den Gebieten, sondern auch zunehmend höhere Transportkosten werden dazu führen, dass ein Teil der Gärreste hier in der Region ausgebracht wird. Für eine fachgerechte Entsorgung der gesamten 140.000 Gärreste nach Standardwerten ist laut Düngeverordnung eine Fläche von ca. 25.000 ha. erforderlich. Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche im Stadtgebiet Rheine beträgt allerdings nur ca. 7000 ha. Das führt erstens zu erheblichem Flächendruck. Die Erträge der Biogasanlage ermöglichen dann hohe Pachtpreise, die die anderen Landwirte in der Region nicht finanzieren können. Zweitens hat es negative Auswirkung auf unser Trinkwasser, wenn Gärreste aus der geplanten Großanlage – zusammengefahren aus dem weiten Umfeld – hier verbleiben. Unser Grundwasser ist schon jetzt erheblich belastet. Die höheren Kosten für sicheres Trinkwasser tragen wir alle.

Durch die Entkoppelung der Flächengröße vom Viehbestand eines landwirtschaftlichen Betriebes ist die industrielle Viehhaltung ermöglicht worden. Das große Problem dieser Art der Fleischproduktion ist die Entsorgung der tierischen Exkremente. Durch die Biogasanlage erhalten Unternehmer mit gewerblicher Tierhaltung die Möglichkeit diese Abfälle problemlos zu entsorgen und dadurch Vorgaben zur Errichtung neuer Ställe zu erfüllen. So ist unter anderem geplant 80.000 t Hähnchenmist pro Jahr in der Anlage einzusetzen. Das entspricht dem jährlichen Mistanfall von ca. 320 Hähnchenmastanlagen mit jeweils 29.900 Mastplätzen.

Die Entwicklung der ländlichen Räume sollte uns nicht egal sein, denn eine zukünftige Gesellschaft, deren Energieverbrauch erheblich verringert werden muss, braucht nachhaltige Landbewirtschaftung und regionale Wertschöpfung. Es sollten daher möglichst viele Einwendungen gegen diese Anlage geschrieben werden.

2 Kommentare

  1. Jesse Gudrun

    Die industrielle Viehhaltung und Biogasanlagen in dieser Größe sind ein Disaster und müssen verhindert werden.
    Ich werde im Rathaus meine Einwendung machen!
    Gudrun Jesse

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