Stellungnahme zum Laumann-Zitat

Es hatte ganz großes Kino werden sollen! Der ganze Marktplatz fest in CDU-Hand, als gäbe es in
Rheine gar keine andere politische Kraft mehr. Und dann im Vorprogramm schon Karl-Josef Laumann
fürs Warming-up! Das sollte erst mal jemand toppen! Doch der kam, sah und – vermasselte es total, als
er mit seinem „Flohzirkus“-bashing gegen die anderen Parteien im Rat so tat, als brauche man die auch
gar nicht mehr. Wie Gerhard Polt, der so treffend feststellte: „Ich brauche gar keine Opposition, weil ich
bin ja Demokrat!“
Man muss sich Ort und Zeit vergegenwärtigen, um genauer zu verstehen, was da eigentlich abgelaufen
ist. Da war ja mit Karl-Josef Laumann nicht nur einer aus dem beschaulichen Bevergern ins nahe
Rheine gekommen, da sprach – in der wegen Corona nun schon sehr lange währenden „Stunde der
Exekutive“ – sogar der für Gesundheitsfragen zuständige Repräsentant der NRW-Landesregierung.
Man hätte Verständnisvolleres erwartet, weniger Auftrumpfendes, vielleicht sogar auch
Selbstkritisches; doch weit gefehlt! Der anfangs nicht genügend Testmittel auf Lager hatte, dem dann
die notwendigen Masken fehlten und mitunter sogar der Überblick, der nahm es sich nun – quasi als
„hohes Tier“ der Exekutive „aus dem fernen Düsseldorf“ – auch noch heraus, die in der Krise
weitgehend zum Abwarten gezwungenen politischen Repräsentanten der zweitgrößten Stadt des
Münsterlandes als „Flohzirkus“ zu bezeichnen. Kann es für eine solche Verhöhnung ein anderes Urteil
geben als „Voll daneben, Herr Minister!“?
Im März erst hatte Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung geschrieben: „Wenn die angeblich
große Politik über die angeblich kleine Politik redet, klingt in der schönen Beschreibung, dass
Kommunalpolitik „Schule der Demokratie“ sei, auch ein wenig Herablassung mit – gerade so, als sei
der Gemeinderat eine Schülermitverwaltung. In Wahrheit ist die kleine Politik, wenn man sie schon mit
der Schule vergleichen will, die hohe Schule. Nirgendwo sonst muss sich ein Politiker auf Schritt und
Tritt verantworten und Anfeindungen aushalten. Nirgendwo sonst merken die Leute so schnell, wenn
ihnen einer ein X für ein U vormacht. Nirgendwo sonst ist die eigene Lebenswelt so unmittelbar
berührt. Kommunalpolitik ist demokratische Basispolitik. Deshalb sind Kommunalwahlen so wichtig.
Heimat wird einem nicht von Amazon ins Haus geliefert. Man muss selber etwas tun; Kommunalpolitik
ist der Ort dafür. Es geht darum, das Leuchten der Provinz zu organisieren. Die große Politik muss für
gute Leuchtmittel sorgen.“ [SZ, 7. März 2020, https://www.sueddeutsche.de/politik/kolumne-heribert-
prantl-provinz-kommunalwahl-stadt-land-gefaelle-1.4834387 ]
Was wir jetzt „in der Stunde der Exekutive“ erlebt haben, offenbart einmal mehr den wahren Charakter
der größeren Regierungspartei, wie Gustav Seibt ihn kurz vor Beginn der Ära Merkel schon treffend
formuliert hat: „Jene seit Bismarck praktizierte Verächtlichkeit gegenüber dem Recht und dieser Dünkel
gegenüber den Bürgern, denen man keinen reinen Wein einschenken zu müssen glaubt, zeigt den
fortbestehenden unbürgerlichen Charakter des deutschen Konservatismus: noch immer halb feudal, halb
kleinbürgerlich, in jedem Fall aber unstädtisch.“ [ Das schwarze Loch, SZ, 2. Juli 2005 ]
Wer sich bei Wikipedia über den Begriff „Flohzirkus“ kundig zu machen versucht, erfährt da:
„Aufgrund der geringen Größe der Tiere und der zugehörigen Bühne kann ein ganzer Flohzirkus in
einem Handkoffer untergebracht werden.“ Es hatte ganz großes Kino werden sollen. Karl-Josef
Laumann selbst kam es zu, den passenden Begriff dafür in die Welt zu setzen. Angesichts der
intensiven Sonneneinstrahlung, der sengenden Hitze und der unerträglichen Trockenheit liegt die
Einschätzung nahe, dass die CDU Rheine das erste Hitzeopfer des neuen Marktplatzes geworden ist. Es
hätte da vielleicht doch etwas mehr des beschirmenden Grüns bedurft!

Verwandte Artikel